Meilenstein / November / Portugal / Nazaré
Nur ein kurzes Stück, diese eine Kurve noch – und dann… das Meer zu unseren Füßen. Überglücklich und beseelt von fast kindlicher Freude laufen, nein, rennen wir zum Strand – mit unseren schweren Rucksäcken auf dem Rücken.
Jubelschreie, unbeschreibliche Freude. Wir sind in Nazaré, Wallfahrtsort, Sehnsuchtsort vieler Surfer – und heute unser Sehnsuchtsort. Vor uns nur noch stahlblauer Himmel, Wellenrauschen und das weite Meer.
Nazaré, das ist der Ort mit den weltweit höchsten Wellen. Am Nordstrand, dem berühmten Praia do Norte, brechen die Wellen bis zu 30 Meter und höher. 2017 wurde hier eine 80 feet – 24,38 Meter hohe Welle gesurft. Weltrekord.
Wie überall, so ist es auch in Nazaré aktuell sehr ruhig. Stadt und Strand sind leer. Nur vereinzelt sind einige wenige Surfer und Passanten zu sehen. Es ist Nebensaison und vor allem – Pandemie. Auch hier begleitet einen das Gefühl, allein auf der Welt zu sein.
In einer kleinen Bar, direkt in Strandnähe genießen wir die Sonne, das Rauschen der Wellen, die entspannte Atmosphäre. Jemand sitzt auf einem der Balkone, die dem Meer zugewandt sind und arbeitet an seinem Computer. Ein Gedanke beschäftigt mich intensiv – “Was, wenn ich einfach hier bleibe?“
In der Oberstadt, die wir mit einer Bergbahn erreichen, begegneten wir einigen Campern. Jeder hat auch hier seine eigene und besondere Geschichte zu erzählen. Eine Einmann-Band, Zuko-Nature, spielt fantastische, spirituelle Musik mit sphärischen Klängen. Ein italienischer Surfer und ich, ein deutscher Pilger, sind die einzigen Zuhörer. Beide genießen wir das exklusive und magische Konzert. Klänge und Gesang klingen bis heute nach.
Am darauffolgenden Tag freuen wir uns auf ein sonniges Nazaré. An diesem Tag jedoch ziehen Nebelschwaden wellenartig vom Meer herüber und verhüllen in mehreren Schichten die Umgebung. Bis Mittag hatten wir noch Hoffnung- an diesem Tag allerdings war der Nebel stärker als die Sonne. Und er gab Nazaré eine einzigartige und mystische Atmosphäre.
Der Parkplatz auf dem die Camper stehen, liegt in der Oberstadt und somit schauen wir noch von oben auf die Nebelschwaden hinab. Was für eine surreale aber wunderschöne Szenerie. Die Gebäude und der Strand von Nazaré auf der einen Seite. Wolken, mal dicht, mal licht auf der Seite des Meeres. Nur ab und an gaben sie einen kurzen Blick frei, auf die Surfer und die Boote im Wasser.
Eine deutsche Camperin, der wir einen Tag zuvor zufällig auf dem Parkplatz begegnet sind und mit der wir uns angefreundet haben fragte, ob wir mit ihr gemeinsam nach Peniche fahren wollen. Dankend nahmen wir dieses Angebot an – und waren im Camper schon auf dem Weg nach Peniche.
Bis bald, Naza! Ich komme wieder. Ganz bestimmt.
Nazaré war ein weiterer sehr wichtiger Meilenstein der Reise. Hier stand ich unmittelbar und ernsthaft vor der Entscheidung, auszusteigen oder nicht. Ich entschied mich gegen den Ausstieg. Ab diesem Moment brachte ich wieder mehr Struktur ins Leben.